Food Pairing und Sensorik
20.01.2020
Food Pairing erlebt ein wachsendes Interesse in einem breiteren Gebiet. In den vergangenen Jahren hat sich die Verwendung von Zutaten und Lebensmitteln in Rezepten verändert. Im Trend zur Natürlichkeit oder Regionalität wird vermehrt auf regionale und saisonale Produkte zurückgegriffen und Ressourcen werden bewusster eingesetzt. Alte Sorten und bislang vernachlässigte Pflanzenteile werden neu entdeckt und stehen im Zentrum der innovativen Spitzenküche, deren Rezepte sich so neuformieren. Die aus gesundheitlicher Perspektive veränderten Produktionsbedingungen stellen die Lebensmittelindustrie vor neue Herausforderungen in Bezug auf die Themen Salz-, Fett- und Zuckerreduktion sowie der Reduktion unerwünschter Aromen oder Bitterkeit. Auf Konsumentenseite trifft bewusstes Essen und der damit verbundene Genuss auf eine breitere Zielgruppe. Sensorisches Erleben liegt stärker im Fokus und die unübliche Kombination von Zutaten, die in einem harmonischen Ereignis münden, trifft den Zeitgeist.
Sonderschau Ingredients ProSweets Cologne Copyrights: Koelnmesse GmbH, Thomas Klerx
Hintergrund, Konzept und Entwicklung von Food Pairing
Die Definition für Food Pairing basiert auf der weit verbreiteten Hypothese: Je mehr gemeinsame Aromakomponenten unterschiedliche Lebensmittel aufweisen, umso besser passen sie zusammen. Der Effekt ist stärker, wenn die gemeinsamen Aromakomponenten auch die jeweiligen sensorischen Hauptkomponenten, also die Schlüsselaromen, ausmachen.
Ein erfolgreiches Food Pairing zeigt sich, wenn das (sensorische) Erlebnis der Aromakombination größer ist als die Summe der Einzelkomponenten, also einen synergistischen Effekt hat – so die Theorie.
Das Konzept von Food Pairing beinhaltet nicht nur Schlüsselaromen als Basis für die Kombination, sondern schließt die weiteren Achsen Geschmack, Textur und Mundgefühl sowie trigeminal aktive Effekte mit ein.
Food-Pairing für ein optimales Geschmackserlebnis
Der klassischen Hypothese folgend, zielt die Anwendung meist auf das Pairing-Konzept „Harmonie“ ab, in dem ein optimales Pairing-Ergebnis durch eine möglichst hohe Überlappung derselben Aromakomponenten erreicht wird. Zur Entwicklung von Food Pairing-Konzepten und als Basis für Food Pairing-Experimente dienen folgende Informationsquellen, die zugleich auch eine wertvolle praktische Unterstützung bieten: Die Volatile Compunds in Food (VCF) Datenbank: diese ermöglicht die direkte Suche nach Einzelkomponenten, deren Schwellenwerte und Vorkommen in Lebensmitteln. Die FOODPAIRING® Software: diese eignet sich als Inspirationsquelle, weil sie nicht nur einzelne passende Lebensmittel mit Überlappung aufzeigt, sondern Produkte auch umfangreich darstellt und nach Saison, unterschiedlichen Länderküchen und Aromen ordnet. Allerdings sind sowohl bei FOODPAIRING® als auch bei VCF keine Informationen dazu verfügbar, in welchem Mischungsverhältnis die entsprechenden Zutaten erfolgreiche Kombinationen ergeben. Daher muss individuell experimentiert werden.
Komplexität, Einflussfaktoren und Sensorische Interaktionen
Viele Faktoren spielen für ein erfolgreiches Resultat eine Rolle, z.B. in welcher Qualität, bzw. in welchem Reifezustand ein Produkt vorliegt. Auch eine geringe Konzentration einer Aromakomponente kann in einem Produkt bereits sensorisch aktiv oder dominant sein. Der Aromawert stellt das Verhältnis der Konzentration zur jeweiligen Wahrnehmungsschwelle dar. Für die Ermittlung des Aromawerts müssen die Schwellenwerte allerdings im jeweiligen Lösungsmittel bzw. der jeweiligen Food Matrix bekannt sein.
Die Freisetzung der (volatilen) Aromen erfolgt in Abhängigkeit von der küchentechnischen Verarbeitung, z.B. dem physischen Zellaufschluss durch Schnitt, der Zufuhr von Temperatur oder dem Lösungsverhalten (hydrophile oder hydrophobe Eigenschaften der Aromakomponenten) innerhalb der Food-Matrix.
Der Aufschluss der Food-Matrix sowie die Löslichkeit und Wahrnehmung der Aromen sind individuell verschieden und unter Anderem abhängig vom Kauverhalten, der Bewegung des Lebensmittels im Mund oder auch der Luftzirkulation und des damit verbundenen retronasalen Transports der Aromamoleküle an die Riechschleimhaut.
Potenzial bietet die Anwendung von Food Pairing in folgenden Bereichen: Substitution von Rohstoffen, Abschwächung unerwünschter Stimuli / Off Flavours, Zuckerreduktion und Innovation / Produktentwicklung. Die limitierten Studien und Daten machen Food Pairing allerdings noch zu einem vor allem experimentell gezeichneten Gebiet.
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Auf der ProSweets Cologne gewinnen Sie auch im Rahmen der Sonderschau Ingredients and Guided Tours, die in Zusammenarbeit mit der DLG veranstaltet wird, Einblicke in live hergestellte Produkte aus dem Süßwaren- und Snackbereich mit alternativen Rezepturen im Vergleich zu herkömmlichen.
Zusätzlich können Sie die neue Tasting Zone besuchen wo Sebastian Lege auch alternative Geschmackserlebnisse und Reduktionsstrategien integriert.
Weiterführende Informationen zum Thema Food Pairing und Sensorik finden Sie im DLG-Expertenwissen auf: https://www.dlg.org/de/lebensmittel/themen/publikationen/expertenwissen-sensorik/food-pairing-und-sensorik/
Quelle:
Christine Brugger, Dipl. oec. troph., Wissenschaftliche Beraterin für Sensorik, Autorin & Dozentin E-Mail , https://www.aromareich.ch
Ansprechpartnerin der DLG: Bianca Schneider-Häder, DLG-Fachzentrum E-Mail
Literatur (Auswahl):
-
- Ahn, Y-Y. et al. (2011) Flavor network and the principles of food pairing. Sci. Rep. 1, 19 DOI:10.1038/srep001196
- De Klepper, M. (2011) Food Pairing Theory – a European Fad. Gastronomica: The Journal of Food and Culture, Volume 11 (4) – Nov 1
- Kort, M. et al (2010) Food pairing from the perspective of the ‘volatile compounds in food’ database. Expression of Multidisciplinary Flavour Science: Proceedings of the 12th Weurman Symposium, Interlaken, Switzerland
- Møller, P. (2013) Gastrophysics in the brain and body. Flavour 2:8 DOI: 10.1186/2044-7248-2-8
- Jain, A., N K, R., & Bagler, G. (2015). Analysis of Food Pairing in Regional Cuisines of India. PLoS ONE, 10(10)